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Berechnung der Blutalkoholkonzentration aus Trinkmengenangaben

Steht keine Blutprobe zur Untersuchung zur Verfügung und konnte auch keine gerichtsverwertbare Atemalkoholanalyse durchgeführt werden, kann die Blutalkoholkonzentration eines Beschuldigten zur Tatzeit (Unfallzeitpunkt) auch rechnerisch ermittelt werden, wenn zuverlässige Angaben darüber vorliegen, wann er zuvor welche Mengen an bestimmten alkoholischen Getränken zu sich genommen hat.

Dazu bedient man sich der so genannten Widmark-Formel:

BAK  =  resorbierte Alkoholmenge [in g / l] dividiert durch Körpergewicht [in kg] x r

Bei „r“ handelt es sich um den so genannten Widmark‘schen Verteilungsfaktor, der - entsprechend dem Anteil des Wassergehalts am gesamten Körpergewicht[1] - bei Männern mit r = 0,7 und bei Frauen mit r = 0,6 angenommen wird.

Zunächst wird die „maximale theoretische BAK“ errechnet. Das ist die höchstmögliche BAK, die der Beschuldigte erreicht hätte, wenn sich aller von ihm vor dem Vorfall getrunkene Alkohol sofort gleichmäßig auf seinen Körper verteilt hätte. Dabei ist jedoch nicht die aufgenommene Flüssigkeitsmenge zu berücksichtigen, sondern nur das Gewicht des darin enthaltenen reinen Alkohols. Der Alkoholgehalt in Getränken wird auf den Flaschenetiketten jedoch stets in Volumenprozenten angegeben und muss deshalb erst mittels des spezifischen Gewichts von Alkohol (0,8 g/ml) in Gramm umgerechnet werden. So enthält beispielsweise ein Liter Bier (Alkoholgehalt: 5 Vol % =) 50 ml, also 40 g reinen Alkohol (50 ml x 0,8 g/ml).

Ein 70 kg schwerer Mann (reduziertes Körpergewicht 70 kg x 0,7 = 49 kg) würde damit nach dem Genuss von 4 l Bier (= 160 g reinen Alkohols) auf eine theoretische maximale BAK von (160 g/49000 g =) 3,26 ‰ kommen.

Ausgehend von diesem Maximalwert ist dann der zwischen Trinkbeginn und Unfallzeitpunkt erfolgte Alkoholabbau[2] zu ermitteln. Je nach dem Ziel der Berechnung ist nach ständiger Rechtsprechung für das weitere Vorgehen die dem Beschuldigten jeweils günstigste Berechnungsmethode zu wählen. Geht es um die Beurteilung der Fahrtauglichkeit, also um die Frage, ob und, wenn ja, in welchem Maße die gesetzlichen Grenzwerte überschritten wurden, ist eine möglichst niedrige BAK von Vorteil, weshalb davon ausgegangen wird, dass nicht der gesamte konsumierte Alkohol resorbiert worden ist, sondern dass es zu dem maximalen Resorptionsdefizit von 30 % gekommen ist. Ferner wird der höchstmögliche Abbauwert von 0,2 ‰/h zugrunde gelegt. Geht es dagegen um die Frage einer erheblich verminderten oder aufgehobenen Schuldfähigkeit nach den §§ 20, 21 StGB, ist für den Beschuldigten eine möglichst hohe BAK von Vorteil, weshalb dann mit dem niedrigsten Resorptionsdefizit und der geringsten Abbaurate von 0,1 ‰/h gerechnet wird.

Beispiel:

a) Ermittlung der Fahrtauglichkeit

Der Beschuldigte wiegt 70 kg, hat in der Zeit zwischen 13.00 und 16.30 Uhr 4 l Bier getrunken und wurde um 17.00 Uhr als Fahrzeugführer im öffentlichen Straßenverkehr beobachtet. Das genossene Bier hat bei ihm, wie oben dargelegt, zu einer theoretischen maximalen BAK von 3,26 ‰ geführt. Hiervon ist zu seinen Gunsten das maximale Resorptionsdefizit von 30 % abzuziehen (= 0,98 ‰). Weil zwischen Trinkbeginn und Tat vier Stunden liegen, beträgt der maximale Abbau (4 x 0,2 ‰ =) 0,8 ‰, zu dem noch ein Sicherheitszuschlag von weiteren 0,2 ‰ zu addieren ist. Insgesamt sind von der theoretischen Maximal-BAK von 3,26 ‰ somit insgesamt 1,98 ‰ (Resorptionsdefizit + Abbau + Sicherheitszuschlag) abzuziehen, was eine wahrscheinliche Tatzeit-BAK von 1,28 ‰ ergibt.

Unser Beschuldigter befand sich damit im Tatzeitpunkt im Zustand der absoluten Fahrunsicherkeit.

b) Ermittlung der Schuldfähigkeit

Wiederum ausgehend von der theoretischen maximalen BAK vom 3,26 ‰, ist jetzt lediglich ein Resorptionsdefizit von 10 % abzuziehen (= 0,33 ‰). Zwischen Trinkbeginn und Tatzeit sind auch nur (4 x 0,1 ‰ =) 0,4 ‰ Alkohol abgebaut worden. Ein Sicherheitszuschlag ist nicht in Ansatz zu bringen. Daraus resultiert eine Tatzeit-BAK von 2,53 ‰.

Nach ständiger Rechtsprechung bestehen damit deutliche Anhaltspunkte für eine zwar erheblich verminderte, jedoch nicht für eine aufgehobene Schuldfähigkeit.

 

Alkoholgehalt ausgewählter Getränke

Getränk

 Ø Vol.-%) Alkohol

Alkohol in Gramm pro 100 ml

Lagerbier

4,3

3,4

Exportbier

5,0

4,0

Bockbier

5,7

4,5

Doppelbock

6,5

5,1

Apfelwein (Most)

5,3

4,2

Andere Obstweine

5,0 – 12,0

4,0 - 9,5

Weißwein

10,2

8,0

Rotwein

11,4

9,0

Sekt

12,6

10,0

Wermutwein

15,2

12,0

Südweine

17,8

14,0

Eierlikör

22,8

18,0

Liköre

30,4

24,0

Kornbranntweine

31,7

25,0

Weinbrand

38,0

31,0

Obstbranntweine

48,0

38,0

Rum

53,0

42,0

 

[1] s. dazu den Abschnitt „Alkoholstoffwechsel“

[2] vgl. zu den folgenden Ausführungen den Abschnitt „Alkoholstoffwechsel“, wo die Begriffe Resorptionsdefizit und Abbaurate näher erläutert werden