Hinter 'Spice' verbirgt sich eine Ende des Jahres 2008 in den Fokus geratene Räuchermischung, in der die synthetischen Cannabinoid-Rezeptor Typ 1 (CB1) Agonisten CP-47,497-C8 und JWH-018 nachgewiesen werden konnten. Diese sowie weitere Räuchermischungen (z.B. 'Star Of Fire', 'Amazonas' oder 'Lava Red') bestehen aus getrocknetem exotischem Pflanzenmaterial, denen auf Grund der enthaltenen Alkaloide, Flavonoide und Terpene psychotrope Wirkungen nachgesagt werden.
Deutscher/Englischer Name |
Lateinischer Name |
Bekannte Inhaltsstoffe |
Meeresbohne |
Canavalia maritima |
L-Betonicin (Alkaloid) |
Blaue Lotusblume |
Nymphaea caerulea |
Nuciferin, Aporphin (Alkaloide) |
Indischer Lotus |
Nelumbo nucifera |
Nuciferin, Aporphin (Alkaloide) |
Helmkraut |
Scuttelaria nana |
Scuttelarin (Flavonoid) |
Marihuanilla |
Leonorus sibiricus |
Leosiberin (Terpen) |
Afrikanisches Löwenohr |
Leonotis leonurus |
Leonurin (Alkaloid) |
Indian Warrior |
Pedicularis densiflora |
Betulinsäure |
Maconha Brava |
Zornia latifolia |
zur Zeit nicht bekannt |
Obgleich die verschiedenen Räuchermischungen von Herstellerseite zur Verbesserung der Raumluft vermarktet werden und - laut Verpackungsangaben - nicht zum Verzehr bestimmt sind, erfolgt der Missbrauch durch Rauchen bzw. Inhalation der Dämpfe nach Verbrennen.
Die in den Räuchermischungen identifizierten Substanzen greifen mit unterschiedlicher Potenz agonistisch v.a. am CB1 Rezeptor an, über den ebenfalls die psychotropen Wirkungen von ?9-Tetrahydrocannabinol (?9-THC), dem Hauptinhaltsstoff von Cannabisprodukten (z.B. Marihuana, Haschisch), vermittelt werden. Zu diesen gehören Euphorie, Bewegungsstörungen, Verwirrtheit, Schwindel und ggf. paranoide Episoden. Im Vergleich zu ?9-THC binden die CB1 Agonisten allerdings mit viel höherer Affinität und verursachen demnach auch viel stärkere pharmakologische Effekte.
Seit der Entdeckung von JWH-018 konnten bis heute vor allem aus der Substanzklasse der Aminoalkylindole, zu der JWH-018 gehört, regelmäßig neue Substanzen (z.B. JWH-073, JWH-250, JWH-081 sowie jüngst AM-694, JWH-122 und JWH-210.) identifiziert werden. Dieser Trend ist besorgniserregend und scheint noch längere Zeit anzuhalten.
Über die Wirkungsdauer liegen bisher noch keine ausreichenden Daten vor. Als problematisch erweist sich hierbei vor allem, dass in den verschiedensten Räuchermischungen mittlerweile variierende Kombinationen der CB1 Agonisten in stark unterschiedlichen Mengen identifiziert werden können. Hinsichtlich möglicher Wechselwirkungen sowie Langzeitfolgen fehlt es ebenso an genauen wissenschaftlichen Studien. Erste Ergebnisse weisen jedoch auf eine mögliche Toxizität der Substanzen hin, da bei ihrem Metabolismus offensichtlich reaktive Spezies mit hohem toxischem Potential gebildet werden.
Herstellung, Handel und Besitz von Räuchermischungen, die die synthetischen CB1 Agonisten JWH-018, JWH-019, JWH-020, JWH-073 sowie CP-47,497 und dessen C6- und C8- und C9-Homologes enthalten, sind nach der vom Bundesgesundheitsministerium aus Gründen des Gesundheitsschutzes erlassenen Eilanordnungen vom 22.01.2009 sowie 22.01.2010 dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) unterstellt und daher verboten.
Der Konsum ist als Straftat nach den §§ 315c bzw. 316 Strafgesetzbuch zu klassifizieren, wenn anhand konkret festgestellter Ausfallerscheinungen auf eine zum Tatzeitpunkt vorliegende Rauschmitteleinwirkung geschlossen werden kann.
§ 24a Straßenverkehrsgesetz (StVG) ist dagegen nicht einschlägig, da die in den Räuchermischungen nachgewiesenen synthetischen CB1 Agonisten nicht in der Anlage zu § 24a StVG gelistet sind.
Der Nachweis eines Großteils der bisher in Räuchermischungen identifizierten synthetischen CB1 Agonisten erfolgt mittels Blutanalyse. Ein entsprechendes Verfahren wurde am Institut für Rechtsmedizin der Universität Freiburg entwickelt.